Donnerstag, 9.6.2016, 20:15 Uhr

Richard Neupert (Georgia, USA)
LA POINTE COURTE: Wie Agnès Varda ihre Karriere als auteur lancierte (und die Nouvelle Vague erfand)

Als Agnès Varda’s erster Spielfilm, LA POINTE COURTE, 1955 in die Kinos kam, setzte er ein Zeichen für ein neues, jugendfrisches Kino. Der Film stellte die herrschenden Konventionen der Epoche auf allen Ebenen in Frage. Er war von einer jungen Frau gemacht, die keinen Hintergrund und keinerlei Berufserfahrung in der Filmindustrie hatte. Die Geschichte lässt die gewöhnlichen Gesten und die Alltagsrealität der Bewohner eines südfranzösischen Fischerdorfs auf die hochgradig durchstilisierten Auftritte eines jungen Pariser Paars prallen, das durch diese neorealistische Kulisse wandert. Vardas Ausbildung als bildende Künstlerin und Photographin prägten den eigenständigen visuellen Stil des Films, derweil die gewagten Montage-Strategien einen atemberaubendes, fast abstrakt wirkendes Raum-Zeit-Kontinuum entstehen ließen. Der exzentrische Produktionsmodus, der unverwechselbare Stil und die persönliche Geschichte des Films legten die Grundlage für den Rest von Vardas Karriere, lieferten aber auch das Vorbild für eine neue, ruhelose Generation von Filmregisseuren, die wenig später unter dem Label nouvelle vague Filmgeschichte schreiben würde.

Über den Referenten

Richard Neupert ist Charles H. Wheatley Professor of the Arts und Josiah Meigs Distinguished Teaching Professor in Film Studies an der University of Georgia. Zu seinen Publikationen zählen The End, A History of the French New Wave Cinema, und French Animation History. Derzeit arbeitet er an einem Buch über John Lasseter und den Aufstieg der Pixar-Studios sowie über fMRI-Forschung zum Gehirn, zu Kinotrailern und zum emotionalen Erleben des Films.

Vortrag in englischer Sprache

 

Film:

LA POINTE COURTE, F 1955, 86 Min.

Mitschnitt der Veranstaltung

Goethe-Universität Deutsches Filmmuseum Exzellenzcluster „Die Herausbildung normativer Ordnungen“ an der Goethe-Universität Frankfurt am Main